„Es ist verständlich, starken Stress zu erleben.“

Ein Beitrag von Eva Kuhn.


Covid19 ist für alle eine Ausnahmesituation. Welchen spezifischen psychischen Belastungen aber Gesundheitsberufler*innen ausgesetzt sind und wie diese sowie Führungskräfte im Gesundheitswesen mit dem Stress umgehen können, haben Moritz Bruno Petzold, Jens Plag und Andreas Ströhle in der aktuellen Ausgabe von Der Nervenarzt zusammengestellt.1 

Gesundheitsfachkräfte sind stets – auch bei Normalbetrieb – einer Reihe von Stressoren ausgesetzt. Diese intensivieren sich jedoch im Rahmen der Covid19-Pandemie und nehmen neue Ausmaße an: Neben die Angst, selbst zu erkranken und Familienangehörige zu infizieren, treten unter anderem Gefühle von Einsamkeit und Isolation: Soziale (digitale) Kontakte sind nicht nur aufgrund überlanger Arbeitszeiten noch stärker als sonst eingeschränkt. Vielmehr erleben Gesundheitsberufler*innen aktuell auch verstärkt Stigmatisierung beim Einkauf und im Freundeskreis. Schließlich belasten auch die oft unzureichenden Informationen von Seiten der Politik und Klinikleitung sowie die strikten Sicherheitsvorkehrungen zum Infektionsschutz die Gesundheitsfachkräfte zumindest unbewusst. 

Mit Hinblick auf diese Stressoren haben die Autoren Hinweise zum Umgang mit psychischen Belastungen aus drei Dokumenten zusammengetragen: 1) den „Mental Health Considerations during COVID-19 Outbreak“ der WHO2, 2) der „Briefing Note on Addressing Mental Health and Psycho-social Aspects of COVID-19“ des IASC3, sowie 3) dem aus dem Jahr 2018 stammenden „Guide to Psychologial First Aid“ des IRK4

Die Hinweise appellieren zuallererst an die Selbstsorge. Den Grundbedürfnissen – Schlaf, Essen, Bewegung – soll gerade jetzt besonders nachgegangen werden, ohne in ungesunde Bewältigungsmuster, bspw. Rauchen, zu fallen. Auch soziale Kontakte im privaten Umfeld sowie der Austausch mit Kolleg*innen sollte gerade jetzt intensiv gepflegt werden – wenn nicht persönlich, so doch über Messenger. Hierzu gehört auch, sich Unterstützung zu suchen, bspw. beim psychosozialen Dienst der eigenen Klinik, dem hauseigenen Employee Assistance Programme (EAP) oder über eine der vielen aktuell frei verfügbaren Apps zu mentaler Gesundheit. Schließlich ist es wichtig – und richtig! – gerade jetzt starke Emotionen zuzulassen und sie nicht zu verdrängen. Denn „unter den aktuellen Umständen [ist] das Erleben von Stress, Überforderung und heftigen Emotionen eine normale Reaktion.“ Es bedeutet nicht, „dass man seinem Job oder den Anforderungen nicht gewachsen oder „schwach“ ist.“ 


Literatur

[1] Petzold, M. B.; Plag, J. & Ströhle, A. (2020): Umgang mit psychischer Belastung bei Gesundheitsfachkräften im Rahmen der Covid-19-Pandemie, in: Der Nervenarzt [EPub ahead of print]. DOI: 10.1007/s00115-020-00905-0.

[2] WHO (2020): Mental Health Considerations during COVID-19 Outbreak.WHO, Genf.

[3] Inter-Agency Standing Committee (2020): Briefing note on addressing mental health and psychosocial aspects of COVID-19 Outbreak-Version 1.1[4] International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies (2018): A guide to psychological first aid. International Federation of Red Cross and RedCrescentSocieties, Copenhagen.

[4] International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies (2018): A guide to psychological first aid. International Federation of Red Cross and RedCrescentSocieties, Copenhagen.

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