Time To Care Studie: Wie zufrieden sind deutsche Ärzte und Pflegekräfte im internationalen Vergleich?

Ein Aufsatz von Arian Gutke

Die „Time To Care“ Studie wurde im November des Jahres 2017 vom Wirtschaftsunternehmen Deloitte veröffentlicht. Sie behandelt die Veränderung der Bedeutung des Gesundheitssystems im Hintergrund neuer und bestehender Herausforderungen, die mit der sich entwickelnden Technologie sowie mit einer sich wandelnden Bevölkerung einhergehen. Hierbei wird besonders auf die Rolle des Gesundheitspersonals eingegangen, welche finanziell, wirtschaftlich und versorgungstechnisch den wichtigsten Teil des Gesundheitssystems ausmacht. Die Studie geht besonders auf die Zufriedenheit der Menschen dieses Systems ein, welche in direkter Beziehung mit ihrer körperlichen und geistigen Gesundheit steht.

In Deutschland sind etwa 70% der Ärzte zufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen, was etwa dem europäischen Durchschnitt entspricht. Hingegen gaben etwa nur 62% der Pflegekräfte an, mit ihrem Arbeitsumfeld zufrieden zu sein, wodurch sie im europäischen Vergleich zusammen mit Spanien zu den Unzufriedensten gehören. Neben der Zufriedenheitslage des medizinischen Personals geht die Studie auch auf die wichtigsten Faktoren, die zu einem erfüllten und ausgeglichenen Arbeitsalltag wesentlich beitragen, ein. Dazu zählen vor Allem die Zusammenarbeit im Team, eine angemessene Anerkennung durch Kollegen sowie eine gute Bezahlung. Des Weiteren ist es dem Gesundheitspersonal wichtig, Verantwortung tragen zu dürfen und ihre Fähigkeiten sinnvoll einsetzen zu können. Ursachen und Umstände, die diesen Arbeitsbedingungen entgegenstehen und wesentlich zur Unzufriedenheit beitragen, sind allen voran eine mangelnde Work-Life-Balance, Schichtarbeit und ein unflexibler Arbeitsplan. Diese Faktoren spielen vor Allem für die neue Generation an Ärzten und Pflegern eine entscheidende Rolle, die neue Anforderungen an ihren Arbeitsplatz stellen. Auch eine schlechte Bezahlung sowie geringe Wertschätzung und mangelnde Zeit für die Patientenversorgung stellen für das Gesundheitspersonal große Herausforderungen für ein erfüllteres Arbeitsleben dar.

Die Studie beschäftigt sich auch mit der eigenen Einschätzung der Arbeitsbelastung des medizinischen Personals. Hierbei fällt auf, dass vor Allem in Deutschland die Belastung im Gesundheitssystem als besonders groß und schwer empfunden wird. In Deutschland finden mit 20% die meisten Ärzte, dass das Arbeitspensum zu groß sei, im europäischen Vergleich, während 43% die Arbeit relativ schwierig finden. Bei den Pflegekräften finden sogar 66% die Arbeit relativ schwierig und 12% finden sie sehr schwierig. Die Gründe für diese hohe Arbeitsbelastung ergeben sich vor Allem durch den Anstieg der Patientenzahlen sowie der wachsenden Komplexität der Patientenfälle und einem Mangel an Fachkräften. Zwar wird derzeit so viel medizinisches Personal ausgebildet wie nie zuvor, allerdings trotzdem zu wenig, um den hohen Anforderungen des Systems gerecht zu werden. Unter diesen Umständen leiden etwa 63% des Personals in Deutschland an körperlichen Beschwerden und etwa 68% unter psychischen Störungen, wobei die Werte zu den höchsten in Deutschland gehören.

Ein wesentlicher Faktor, der diesen bestehenden und wachsenden Problemen entgegenstehen kann, ist das große Potenzial und die rasche Entwicklung von technologischen Unterstützungsmitteln. Hierzu zählen digitale Patientenakten und Monitoringgeräte, die dem Personal helfen sollen, mehr Zeit für die Patienten zu haben, effizienter zu arbeiten und bestimmte Prozesse besser zu koordinieren und zu automatisieren. Auch hier stellt Deutschland europaweit das Schlusslicht in Sachen Digitalisierung dar.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Studie vor Allem aufzeigt, unter welchen Herausforderungen unser Gesundheitssystem steht und welche wichtige Rolle dabei vor Allem das Gesundheitspersonal und seine körperliche sowie mentale Gesundheit dabei spielt. Ein entscheidender Punkt, den die Studie vorschlägt, ist dabei die Integration von und die Investition in Technologie, die ein Teil der Mängel und Lücken im Gesundheitssystem ausfüllen kann.

Die Studie stellt ausdrücklich dar, mit welchen Problemen und Herausforderungen unser Gesundheitssystem in den letzten Jahren und in Zukunft konfrontiert war und sein wird. Auch wenn die Studie schon vor sieben Jahren veröffentlicht wurde, sind die aufgeführten Thesen und Argumente immer noch höchst aktuell und von außerordentlicher Bedeutung für Politik und Wirtschaft und nicht zuletzt natürlich dem Gesundheitspersonal, der die zentrale Rolle in diesem System einnimmt. Die Ergebnisse der Studie warnen uns vor der wachsenden Anzahl an Patienten aufgrund des demographischen Wandels sowie dem Mangel an Personal, der sich aus der größeren Belastung und aus dem Fehlen der jetzigen Fachkräfte, welche bald in den Ruhestand gehen, nur noch verstärkt wird. All diese Faktoren haben einen entscheidenden Einfluss auf die körperliche und seelische Belastung der Menschen, die in diesem System arbeiten und extremen Belastungssituationen konfrontiert sind.

Meiner Meinung nach ist es wichtig, ein besonderes Augenmerk auf die Gesundheit des medizinischen Personals einzugehen und die Probleme der Überbelastung und der Unzufriedenheit zu adressieren. Ich finde es erschreckend zu lesen, dass über zwei Drittel des Personals körperlich und seelisch unter der Arbeit leiden und etwa jeder Dritte nicht zufrieden und unerfüllt in seinem Beruf ist. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass der Aufbau des Systems eine entscheidende Rolle einnimmt in der Gesundheit des Personals sowie in der Versorgung der Patienten. Schon im Pflegepraktikum wurde mir bewusst, wie stark das Hierarchiesystem im Krankenhaus ausgeprägt ist und oftmals dem Teamwork und der Interkollegialität im Weg steht. Auch wenn die hierarchischen Strukturen in der Klinik in der Regel einen Sinn haben und der Patientenversorgung dienen, habe ich oftmals miterlebt, wie übergeordnete Rollen ausgenutzt wurden und Mitarbeiter sich untereinander geradezu degradierten und ausnutzten. Auch die Schichtarbeit nimmt aus eigener Erfahrung eine große Bedeutung in der körperlichen Belastung ein. Der wechselnde Schlafrhythmus erlaubt es dem Körper nie, sich auf eine Konstante einzustellen und stellt auch für soziale Beziehungen außerhalb des Arbeitsumfelds ein großes Hindernis dar. Daher ist es für mich wichtig, als angehender Teil dieses Gesundheitssystems, vor Allem auf meine Work-Life-Balance zu achten und sich aktiv gegen die Ausnutzung von Hierarchien zu wehren. Auch die Bedeutung von Technologie und die Fähigkeit, sie für sein eigenes Wohlbefinden und einer besseren Patientenversorgung zu Nutze zu machen, ist eine wertvolle Erkenntnis, die ich aus dieser Studie mitnehme. Das Gesundheitssystem zeigt uns, wie viel sich noch verändern muss und wie sehr die körperliche und seelische Gesundheit des medizinischen Personals eine wichtige Rolle spielt und dass wir diese mit allen Mitteln schützen und fördern müssen.

Quelle:
Time To Care (deloitte.com)

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