Sophie ist Gesundheits- und Krankenpflegerin. Auf ihrem Instagram-Kanal @nurse.est2020 berichtet sie ungefiltert aus ihrem Berufsalltag – von den stressigen und den schönen Momenten.
Ich setze mich an den Computer, es ist mittlerweile fast 16 Uhr und ich bin bisher noch nicht dazugekommen den Verbandswechsel von Zimmer 303 zu dokumentieren, der um 10 Uhr durchgeführt wurde. Ich öffne die Wunddokumentation, spiele das Foto der Wunde ein und fange an, die Wunde zu beschreiben. „Wunddehiszenz – mediane Laparatomie“ Ruf Zimmer 302 Bett 1 Ich unterbreche die Doku und gehe zu Zimmer 302. „Ja, bitte?“ „Schwester, die Infusion ist leer und ich muss aufs WC.“ Ich hänge die Infusion ab und begleite die ältere, gebrechliche Dame aufs WC. Am Rückweg zum Computer komme ich an Zimmer 303 vorbei Perfusor alarmiert. Ich gehe ins Zimmer, wo ich den Patienten am Esstisch sitzend auffinde. Der Patient hat vermutlich beim Aufstehen die Line des Perfusors diskonnektiert und die Perfusorspritze ist sowieso leer. Während ich den Perfusor abstelle, fällt mir auf, dass am Nachtkästchen ein loser Venflon liegt.
Auf die Frage, ob er denn noch einen Zugang habe, zeigt der Patient auf sein Pflaster in der Ellenbeuge. Das Pflaster, das den Venflon fixiert hatte, der jetzt am Nachttisch liegt. Er hat ihn sich wohl herausgerissen. Ich gehe zum Pflegekasten und hole Tupfer, um das Blut wegzuwischen. Telefon in meiner Tasche klingelt „3. Stock Sophie, Hallo“ „Ja Hallo, Robert hier. Bitte Frau XY in 10 min. abholen.“ „Passt, danke.“ Ich gehe wieder zurück zum Stützpunkt, wo ich den Anästhesisten treffe, mit dem ich eine Patientin aus Zimmer 319 besprechen muss und bitte ihn gleich, sich den Epiduralkatheter auf Zimmer 303 anzusehen (weil diskonnektiert). Wir besprechen also das Vorgehen bei der Patientin und gehen dann auf Zimmer 303 – der Katheter wird entfernt. Ich mache mich auf den Rückweg, um die Entfernung zu dokumentieren. Ruf Zimmer 307 Der Patient fragt nach seinem 16 Uhr Medikament. Ich bitte ihn um Geduld und gehe zum Computer.
Setze mich auf den Stuhl, wo mir einfällt, dass die 10 min. vergangen sind und ich in den Aufwachraum muss, um meine Patientin abzuholen. Telefon klingelt „3. Stock Sophie, Hallo“ „Hallo Dominik hier, ich brauche bitte die Versicherungsnummer von dem Patienten, der gerade zu euch kommt, sobald er da ist. Ruft dann bitte an.“ „Ok, ich kümmer’ mich drum“ Ich nehme meine Unterlagen mit und mache mich auf den Weg in den Aufwachraum. Entschuldigung, Schwester! Am Gang steht ein Angehöriger, der mich aufhält und fragt, wie es seiner Frau geht. Ich bin für die Patientin nicht zuständig und bitte, die zuständige Kollegin zu fragen. Zurück aus dem Aufwachraum setze ich mich erneut an den Computer und frage mich, in welchem Punkt der Wunddoku ich aufgehört hatte.
Während ich überlege, was ich schon eingegeben hatte und was noch fehlt, schreibe ich auf den Zettel aus meiner Kasacktasche die noch zu erledigenden Dinge, damit ich später nicht den Überblick verliere. Die Liste ist aber schon lange nicht mehr aktuell und ich bin ständig dabei Patient*innen zu entlassen und wieder aufzunehmen und die Infos zu ihnen auf meinem Zettel auszubessern. Das Abendessen ist da und ich muss die Tabletten austeilen. Bald ist es 17 Uhr und ich muss die Verbände, Drainagen und Katheter kontrollieren. Um 18 Uhr Infusionen herrichten und anhängen. Kategorisieren muss ich auch noch. Wer muss morgen eigentlich alles nüchtern sein? Die Patientin auf 305 muss ich noch, gemeinsam mit einer Kollegin, umpositionieren.
Um 19 Uhr ist Dienstübergabe – ich muss den Bettenspiegel noch aktualisieren. Ist der Patient eigentlich schon da, von dem ich die Versicherungsnummer weitergeben muss? Ich bespreche mit meiner Kollegin, die um 17 Uhr nach Hause geht, was sie schon gemacht hat, was noch aussteht, und ob es irgendwelche wichtigen Vorkommnisse gab. Ich bedanke mich für ihre Hilfe.
Zwischendurch streiche ich nach und nach die Dinge auf meiner Liste durch. Trotzdem frage ich mich immer wieder „Hab ich auch nichts vergessen?“. Ich gehe meine Aufgaben im Kopf durch und schreibe auf, was noch fehlt. Bei der Dienstübergabe versuche ich, alle wichtigen Informationen auf den Punkt zu bringen und checke dabei nochmal, ob ich nichts vergessen habe.
Auch auf dem Heimweg gehe ich oft noch durch, ob ich alles erledigt habe und frage mich, ob ich alles richtig gemacht habe. Nichts liegt mir mehr am Herzen, als dass ich meine Patientinnen bestmöglich versorge. Der Tag war anstrengend, ich war einmal am WC, habe vielleicht einen halben Liter Wasser getrunken und ein paar Bissen gegessen. Ich bin müde und freue mich auf mein Bett. Nicht jeder Tag ist so anstrengend und fordernd. Doch trotzdem bin ich glücklich, denn ich liebe meinen Job, mit all den positiven und negativen Aspekten. Ich konnte das ein oder andere Lächeln in die Gesichter meiner Patientinnen zaubern, habe interessante Persönlichkeiten kennengelernt und gut mit meinen Kolleg*innen zusammengearbeitet. Der nächste Dienst wird vielleicht entspannter, vielleicht aber auch nicht. Ich freue mich auf den neuen Tag, neue Herausforderungen.
Denn was motiviert mehr, als an Herausforderungen zu wachsen und selbst dabei zuschauen zu können, wie man auf Situationen zurückblickt, die damals schwer waren und jetzt so einfach wirken. Ich habe das große Glück sagen zu können, obwohl ich erst einen Monat auf meiner Station arbeite, tolle Kolleg*innen zu haben, ein Team, das sich gegenseitig unterstützt und in dem das Arbeiten Spaß macht.
Ich wusste ja auch, dass besonders der Start nicht leicht werden wird. Ich habe mich bewusst für eine Station entschieden, wo tendenziell immer viel zu tun ist und eine große Patientinnenrotation herrscht. Trotzdem hätte ich ein, zwei Ideen, unseren Alltag zu erleichtern. Unsere Station verfügt über 44 Betten. Von 7:00 bis 17:00 Uhr sind wir in der Regel zu zweit für ca. 15 Patientinnen zuständig (mind. eine DGKP, die zweite Person kann PA, PFA, Schüler*in oder auch DGKP sein).
Von 17:00 bis 19:30 Uhr sind wir alleine. Für die alltäglichen Aufgaben ja ganz gut. Aber alles, was dazwischenkommt – geplante Aufnahmen, Rettungen, Telefonate, Angehörige, Glocken, Notfälle, etc. – da wird es schon mal stressig. Würde eine zusätzliche Person allein das Telefon übernehmen, wäre das oftmals eine große Erleichterung. Zusätzlich dazu bin ich ja schon lange der Meinung, dass man eine Rufanlage mit 2 Knöpfen einführen sollte. Aktuell gibt es ja nur einen Knopf für die „Schwester“. Ich finde, es sollte einen „Service-Knopf“ für „ich brauche Wasser, mir ist kalt, ich hab Hunger“ und einen „Pflege-Knopf“ für „ich habe Schmerzen, mir ist schlecht, ich bekomme keine Luft“ geben. So könnte zum Beispiel auch die Abteilungshilfe auf die Service-Glocke gehen und das Pflegepersonal auf die „Pflege-Glocke“ bzw. weiß ich sofort, ob ich mich beeilen muss, oder ob es auch kurz warten kann. Die Zeit, die ich jetzt mit Fenster öffnen und Wasser einschenken verbringe, könnte man so sparen. (Natürlich nur, wenn ich gerade etwas zu tun habe. Wenn nicht, kann ich ja trotzdem auf beide Glocken gehen).
Die Blogeinträge spiegeln die persönlichen Meinungen und Erfahrungen der Autor*innen wider.