Psychische Gesundheit ist ein Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und etwas zu ihrer Gemeinschaft beitragen kann.

WHO, 2013

Gesundheit wird hierbei verstanden als ein Zustand des Wohlbefindens und nicht einfach als Abwesenheit von Erkrankung oder Versehrtheit (WHO, 2018). Damit ist psychische Gesundheit ein komplexer Zustand,der teils auch am Verhalten auf dem Arbeitsplatz abgelesen werden kann. Es sollte mitgedacht werden, dass psychische, soziale oder körperliche Belastungen zumeist wechselseitig aufeinander wirken. (Engel 1977) Folgen wir den salutogenetischen Gedanken Antonovskys, so können die gesunden Anteile eines Menschen stark geschwächt werden bei andauernder längerfristiger Belastung. Das Gesundheitswesen ist dabei vielerorts ein Arbeitsfeld, in welchem ohnehin unter erhöhten Belastungen gearbeitet wird (Zeitdruck, emotionaler Einsatz, Personalmangel, …). Es lohnt sich also gerade hier zwischendurch einen Check bei sich selbst und anderen durchzuführen. Wie geht es mir gerade? Erkenne ich Warnsignale bei meinen Kolleg*innen?

Detaillierter benennt der BKK Dachverband in einer Broschüre von 2015 einige Warnsignale, auf die Arbeitende bei sich selbst achten können. Schlafverhalten, Energiehaushalt und subjektives Zeitempfinden (andauernder Zeitmangel) sind dabei ebenso relevant wie verändertes Kontaktverhalten gegenüber Kolleg*innen (Vermeidung) oder fehlendes Abschalten nach der Arbeit. Vielleicht lassen sich körperliche Beschwerden wahrnehmen, bei denen ärztliches Personal keine Ursachen feststellen kann. Oder es wird in letzter Zeit eher auf das Glas Wein am Abend zurückgegriffen. Auf einmal reicht ein Wochenende nicht mehr zur Erholung aus. Es locken Ablenkung oder Rückzug anstelle von Geselligkeit. Oder der private Ausgleich ist zu gering. Die Gesprächsbereitschaft sinkt. Auf der Arbeit ist man leichter ablenkbar und kann sich schlechter konzentrieren. Rücken-, Kopfschmerzen und ähnliches stellen sich ein. Es wird schwieriger ein- oder durchzuschlafen. Das Immunsystem ist geschwächt. Egal, wieviele Aufgaben am Tag erledigt werden – dem Kreislauf aus Zeitdruck und Anforderungen ist nicht zu entkommen. Es baut sich immer weiter ein Widerstand auf zur Arbeit zu gehen, während der Alltag jedoch funktioniert. Eventuell häufen sich die Krankheitstage. Vielleicht ist man auch schneller reizbar? Reagiert mit Resignation, wenn etwas auf der Arbeit nicht so läuft wie es von einem selbst geplant? Perfektionistische Gedanken stehen stark im Vordergrund. Die eigenen To-Do-Listen sind viel zu lang. Dazu kommen nicht selten noch die Themen der Klient*innen und Patient*innen. Emotionale Verstrickungen in Arbeitsthemen werden zu einer zusätzlichen Last.

Ehrlichkeit zu sich selbst und Selbstfürsorge sind hier das A und O! Denn Fachkräfte werden vermutlich eher selten ganzheitlich als Menschen gesehen. Umso wichtiger ist es daher das selbst zu tun. Immerhin muss jede Person mal auf die Bremse treten dürfen. Und ebenfalls – oder vielleicht gerade – Fachkräfte im Gesundheitswesen dürfen sich ebenso Unterstützung für ihre psychosozialen Bedürfnisse einholen wie alle anderen auch.

Beim Erkennen von Warnsignalen bei anderen ist Vorsicht geboten, was Fremdinterpretationen angeht, da diese schnell in einen Bereich der Übergriffigkeit fallen können. Zudem möchten wir noch anmerken, dass psychische Störungen und ihre Warnsignale nicht immer von außen wahrgenommen werden können. Denn nicht alles zeigt sich auf der performativen Verhaltensebene. Es lässt sich jedoch beobachten, ob jemand aus dem Kollegium in einer „negativen“ Art und Weise anders verhält als sonst. Gibt es Anzeichen für Stress? Z. B. eine erhöhte Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder erhöhte Vergesslichkeit? Eventuell gerät die Person auch schneller mit anderen aneinander als sonst? Emotionale Reaktionen sind allgemein stärker als gewohnt (z. B. Weinen, deutliche Wut, …). Oder hat die Leistungsfähigkeitauffällig stark abgenommen hat?

Es ist natürlich keine leichte Aufgabe dem Spannungsfeld allgemeiner Warnsignale und der Vielfalt von Störungsbildern und Symptomclustern in einer solch kurzen Antwort gerecht zu werden. Daher ist es uns wichtig, dass die obigen Nennungen keine abgeschlossene Darstellung sein kann. Gerade „Rückfall“-Warnsignale sind wesentlich spezifischer zu umzeichnen.

Wir haben für das Allgemeine eine kleine Sammlung an Übungen zusammengestellt, die helfen können zu verstehen, wo man gerade steht:

Übung „Belastungen im Alltag“
Übung „Stressverschärfende Gedanken“
Übung „Energietank – Was gibt mir Energie? Was nicht?“
Übung „Gefühlsmonster-Scan“
Übung „Boxenstopp – das eigene Leben nach Bedürfnissen ausrichten“

Für eine kurze Selbsteinschätzung eignen sich manchmal auch verschiedene Online-Tests. Diese können sich an konkreten Störungsbildern nach den gängigen Klassifikationssystemen für psychische Erkrankungen orientieren. Sie geben allerdings nur einen Hinweis auf die aktuelle Befindlichkeit und ersetzen keine professionelle Einschätzung und Unterstützung.

Hier lohnt sich z. B. ein Blick auf Psychenet.

Wenn du Lust hast eine Anregung zu bekommen, wie man Betroffene unterstützen kann, klicke gerne HIER, um unseren Artikel dazu zu lesen.

Quellen:
BKK Dachverband (2015): Psychisch krank im Job. 3. Auflage. Online verfügbar unter https://www.bkk-dachverband.de/fileadmin/gesundheit/selbsthilfe/BKK_Dach_Broschure_Psychisch_krank_im_Job_.pdf. Zuletzt geprüft am 12.06.2018.
weitere: zu BPS-Modell, zu Arbeitsbelastung Gesundheitswesen
Engel, George L. (1977): The need for a new model: a challenge for biomedicine. Science 196. S.129-136 Online verfügbar unter http://drannejensen.com/PDF/publications/The%20need%20for%20a%20new%20medical%20model%20-%20A%20challenge%20for%20biomedicine.pdf. Zuletzt geprüft am 05.07.18.
WHO (2013): WHO-Regionalkomitee für Europa – 63. Tagung. Online verfügbar unter http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0012/216210/RC63-Fact-sheet-MNH-Ger.pdf?ua=1. Zuletzt geprüft am 05.07.18.
WHO (2018): Constitution of the World Health Organization. Online verfügbar unter http://apps.who.int/gb/bd/PDF/bd47/EN/constitution-en.pdf?ua=1. Zuletzt geprüft am 05.07.18.