Dieser Text baut inhaltlich auf den Text Warnsignale erkennen auf.

Die folgenden Anregungen stützen sich v. a. auf persönliche Berufserfahrungen im Sozialwesen.

Im vorangegangenen Beitrag haben wir Warnsignale zusammengestellt, die darauf hindeuten können, dass dein*e Kolleg*in möglicherweise emotional überlastet ist. Nun möchten wir darstellen, welche Grundhaltung und welche Verhaltensweisen zu einem gelingenden Gespräch mit der betreffenden Person beitragen können. Beachte bitte, dass wir in diesem Beitrag stets von längerfristig auftretenden Phänomenen ausgehen, die vor allem in ihrer Kombination und Vielzahl für eine Überlastung sprechen können.

Wie kannst du nun also am besten mit deinen Eindrücken von der Person umgehen? Wichtig erscheint uns, dass spätestens dann ein offenes Gespräch mit der betreffenden Person geführt wird, wenn das Gefühl entsteht, dass es sich bei dem Überlastungszustand nicht um eine kurzfristige, vorübergehende Erscheinung handelt. Je nachdem wie persönlich oder unpersönlich die Kommunikation in eurem Team insgesamt abläuft kann es einfacher oder schwerer sein, eine*n Kolleg*in darauf anzusprechen, dass er*sie auf dich anders wirkt und du dir Sorgen machst. Sonst kannst du ggf.auch Unterstützung hinzuziehen, der*die zu der betreffenden Person schon ein Vertrauensverhältnis hat.

Du kannst deine*n Kolleg*in nun zunächst diskret fragen ob er*sie Zeit für ein kurzes Gespräch hat. Achte hierbei auf einen geschützten Rahmen (keine anderen Personen im Raum, möglichst ungestört). Es handelt sich schließlich um sensible Gesprächsinhalte die zunächst niemanden außer euch beiden etwas angehen. Du solltest nun deinen persönlichen Eindruck klar und konkret ansprechen. Gefühle wie Besorgnis kannst du ruhig bennen: “Mir kommt es so vor, als würdest du dich in letzter Zeit in den Mittagspausen eher zurück ziehen, als wie früher mit uns zu essen. Außerdem scheinst du momentan ganz schön viele Fälle zu bearbeiten. Du gehst in letzter Zeit ja meistens als Letzte. Ich mache mir Gedanken wie es dir zur Zeit so geht.“ Durch einen fragenden Unterton kannst du deutlich machen, dass es sich hierbei noch nicht um eine Tatsache handelt. Schließlich spiegelst du nur deinen Eindruck wider. Du signalisierst hierdurch Interesse an der Antwort deines Gegenübers, das deinen Eindruck vielleicht nicht teilt oder dir eine Begründung dazu liefern kann: “Stimmt, ich habe in letzter Zeit den Kopf so voll, dass ich mittags gerne kurz meine Ruhe habe”. An der Reaktion deines Gegenübers kannst du erkennen, ob er*sie gerade gesprächsbereit ist oder nicht. Gibt er*sie eine kurze, knappe Antwort? Ist der Tonfall eher abweisend? Oder signalisiert dein Gegenüber vielleicht Erleichterung oder Freude über dein Interesse? Geht er*sie auf deine Fragen ein und möchte sich mitteilen?

Wenn sich daraufhin ein Gespräch entwickelt, kannst du den Stand der Dinge aus der Sicht der Kolleg*in Erfahrung bringen und abklären, ob er*sie sich Unterstützung von dir oder dem Team in welcher Form wünscht. Es sollte besprochen werden, welchen Umgang die Person mit sich insgesamt wünscht. Gesonderte Behandlung kann in solchen Situationen auch als unangenehm empfunden werden, wenn sie nicht gewollt ist. Es empfiehlt sich ebenfalls abzuklären, ob es voraussichtlich nur um einen kurzzeitig andauernden Zustand (z. B. durch aktuell hohe Auslastung auf der Arbeit) handelt oder ob kein wirkliches “Ende in Sicht” ist (z. B. durch private Probleme, gesundheitliche Ursachen, ein Zusammenkommen verschiedener Auslöser für Belastung,Stress). So kann gemeinsam besprochen werden, ob es Sinn macht sich ggf. nochmals zusammen zu setzen, falls der Zustand anhält. Falls gewünscht (!) und passend kann man auch externe Stellen benennen, an denen sich die Person Unterstützung holen kann.

Ziel eines solchen Gespräches wäre, dass du in Erfahrung bringst, ob du und deine Kolleg*innen tätig werden sollten oder nicht. Auch das weitere gemeinsame Verfahren kann hierbei mit der betreffenden Person geklärt werden. Ein solches offenes Gespräch löst deine Unsicherheit und führt beim Gegenüber ggf. zu Erleichterung, weil er*sie merkt, dass es dir nicht um Bewertung und Verurteilung geht. Vielmehr stehen Interesse, Wertschätzung und bei Bedarf Unterstützung im Vordergrund. Falls keine Gesprächsbereitschaft vorhanden oder keine Unterstützung gewünscht wird, sollte dies akzeptiert werden. In diesem Fall kann vereinbart werden, sich bei anhaltender Problematik ggf. nochmals zusammen zu setzen.

Achtung: Falls im Gespräch deutlich wird, dass es sich um schwerwiegendere Probleme handelt, die weitreichendere Folgen mit sich bringen (z. B.eingeschränkte Arbeitsleistung, Belastung durch das Team und/oder Klient*innen, fragliche Arbeitsfähigkeit) sollten noch weitere Personen wie das Team, Team-, Abteilungsleitung u. ä. entlang der Hierarchiekette eingeschaltet werden. Solche Schritte sollten auf jeden Fall möglichst in Absprache mit deinem*r Kolleg*in erfolgen.

Solltest du dich mit der Situation überfordert oder unsicher fühlen, kannst du dir jederzeit selbst (anonym) Unterstützung bei Vertrauenspersonen suchen.Es kann z. B. auf kollegiale Beratung durch psychosozialen Beratungsstellen und verwandte Einrichtungen zurückgegriffen werden.

 

Weitere Informationen zum Thema erhältst du in unserem Text bedürfnisorientierte Kommunikationskulturen.